Löschanträge bei Wikipedia
- Pavel Richter
- 18. Juni
- 2 Min. Lesezeit
"Hilfe, ein Löschantrag - Ist das jetzt das Ende unseres Wikipedia-Artikels?" Meine Antwort überrascht dann gerne mal:
"Ein Löschantrag ist das Beste, was einem Artikel passieren kann!"
Wieso bekommt ein Artikel einen Löschantrag? Das ist wie mit allen Sachen bei Wikipedia: Jeder darf das - also einen solchen Antrag stellen. Die häufigste Begründung: "mangelnde Relevanz". Was damit aber eigentlich gemeint ist: Die Relevanz ist nicht ausreichend dargestellt.
Ich verstehe, warum man sich ärgert, wenn der Artikel über einen selbst oder das eigene Unternehmen sich einen solchen Antrag einfängt. Irgendwie fühlt es sich an, als würde da jemand sagen: “Du bist unwichtig.”
Aber es geht hier nicht um Bedeutung, sondern darum, ob die Relevanz ausreichend dargestellt wird. Dazu habe ich bereits einen eigenen Blogbeitrag geschrieben.

Was passiert bei so einem Antrag? Nun, die Community diskutiert ihn mindestens sieben Tage. Auch an dieser Diskussion darf wieder jeder teilnehmen. Wichtig dabei: Es ist keine Abstimmung, sondern allein die Qualität der Argumente zählt. Deshalb bringt es auch nichts, Freunde, Familie oder Mitarbeiter zu animieren, sich dort zu Wort zu melden. Das ist sogar eher kontraproduktiv
Was aber sehr oft passiert, ist ein wahres Wikipedia-Wunder. Noch während die Diskussion läuft, wird der Artikel ausgebaut und verbessert. Denn ein solcher Antrag sorgt für große Aufmerksamkeit in Wikipedia und lockt ehrenamtliche Wikipedianer an, die den Artikel “retten” wollen.
Am Ende entscheidet dann ein Administrator der inhaltlich nicht am Artikel oder der Diskussion beteiligt war.
Und wenn der Artikel doch gelöscht wird, so kann man immer noch die Löschprüfung anrufen. Gleiches Verfahren, aber ein anderer Administrator guckt sich die Sache nochmal aus einem anderen Blickwinkel an.
Löschanträge sind also normaler Alltag der Qualitätssicherung von Wikipedia. Wenn Ihr betroffen seid, gilt: Keine Panik
Und bitte vermeidet die folgenden Fehler
Patzig oder beleidigt reagieren
Legitimität des Antrags infrage stellen
Persönliche Motive vermuten
Andere Artikel als Reverenz heranziehen (“Aber Unternehmen XXX hat doch auch einen Artikel”)
Was wirklich zählt in der Löschdiskussion: Ausschließlich die Qualität der Argumentation und Quellen. Ich empfehle, eine Löschdiskussion bereits im Prozess der Artikelerstellung zu antizipieren und sich entsprechend zu wappnen.
Wie auch beim Erstellen des Artikels ist das Wichtigste überhaupt: Denkt wie eine Enzyklopädie, nicht wie ein Unternehmen.
Ein Löschantrag ist kein Weltuntergang, sondern oft eine Verbesserungschance. Mit richtiger Vorbereitung und professioneller Begleitung lassen sich viele Diskussionen erfolgreich bewältigen.
Fun Fact: Auch der Artikel über mich hat nicht nur einen, sondern gleich zwei Löschanträge überlebt. Und ich (und “mein” Artikel) haben es überlebt.